Marmotte

Granfondo Alpes 2024
ein immer wiederkehrendes Abenteuer in den französischen Alpen

Das Marmotte

Einmal waren wir zum Spaß da. Einmal, weil es so schön war. Und diesmal sollen die acht Stunden fallen. Ein Rennen ist ein Rennen und auch, wenn es hier etwas vermessen wäre zu behaupten mit um den Sieg fahren zu wollen – die Siegzeit stellt üblicherweise auch einen Tour de France Fahrer vor herausforderungen – haben wir uns in diesem Jahr etwas vorgenommen.

Zum ersten Mal gezielt auf das Marmotte vorbereitet. Wie im letzten Jahr mit ausreichend Zeit zur Akklimatisierung. Wir wollen die acht Stunden knacken. Acht Stunden Wertungszeit im Rennen für ca. 160km Strecke und 5000 Höhenmeter.

Das Team

Wir fahren in diesem Jahr zu sechst los. Ronny bleibt auf der Hütte. Thorben, Sascha, André, Michi, Thomas und ich machen uns um kurz nach sechs auf den Weg. Es ist lauwarm auf dem Berg. Für den Nachmittag ist Wetter angekündigt. Ein Grund mehr, schnell zu sein.

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Le Bourg d'Oisans'

Gegen sieben Uhr stehen wir – nach mehreren Pipipausen – in der Startaufstellung. Exakt an der gleichen Stelle wie im letzten Jahr. Um 07:20 Uhr fällt der Startschuss für unseren Block. Wie immer dauert es ein paar Minuten, bis sich die gut 2000 Starterïnnen aus unserer Gruppe in Bewegung setzen.

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Tausende Radler

und ein totes Eichhörnchen. Wir hätten das Ohmen ernster nehmen sollen. Schon in der Startaufstellung, kurz vor Beginn der Zeitnahme, flicken wir den ersten Platten. Die Spannung steigt. Es geht los.

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Der Start

Wir rollen schließlich über den Start. Die Kameras und Computer laufen und wie immer ist schon ganz gute Stimmung unten im Dorf.

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Flachland

Wir kreiseln, hinter uns ein Haufen clevererer Menschen, die einfach nur mitrollen. Wir verlieren uns schon hier. An einer kleinen Welle hat wohl jemand vorn zu viel gedrückt.

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Col du Glandon

Der erste Anstieg, unrythmisch mit zwei Gegenhängen. Dafür teilweise zweistellige Steigungsprozente. Der Glandon geht mit seinen nicht enden wollenden Rampen in den Kopf. Es ist leicht bewölkt. Oben die erste Verpflegung. Die Zeit ist dort neutralisiert, genau wie in der folgenden Abfahrt.

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Pannen

Wir warten einige Zeit. Thomas kommt mit einem Snakebite im Vorderrad an. Nebenher reparieren wir noch ein holländisches Vorderrad. Der Besitzer hat es mit blutigen Händen 6km zu Fuß nach oben gebracht. Auf der Abfahrt dann ein Knall. Thomas neu eingesetzter Schlauch hat sich nicht gut mit den Löchern im Mantel vertragen. Nächster Versuch und ab ins Maurienne Tal. Das Rennen geht weiter.

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Ein Sturz

Wir wissen alle nicht genau, wie das passiert ist. Auf einmal lag Michi auf der Straße. Die Hoods abgebrochen und eine massive Schramme am Knie. Das Rad sieht nicht nach Weiterfahren aus. Nach kurzer Erstversorgung lassen wir Michi zurück.

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Der Wind

Im Maurienne Tal haut uns der Wind entgegen. Ich bin mit Sascha, Thorben und Thomas unterwegs. André war auf der Abfahrt vom Glandon vorgefahren und Michi wartet auf den Arzt. Wir kreiseln und zu unserer Überraschung machen einige andere mit. Wir kommen gut voran und Thorben und ich lassen das Wasserloch rechts liegen und fahren direkt in den Anstieg zum Col de Télégraphe.

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Col de Télégraphe

Am Télégraphe treffen wir André wieder. Wir, das bin zu diesem Zeitpunkt ich. Thorben hat mich vor 5 Minuten mit einer Wahnsinnspace überholt. "3,5 W/kg, Haben wir doch so geplant." Und Sascha wollte etwas langsamer machen. Thomas hatte mit Thorben Wasser geholt und war wahrscheinlich bei Sascha. Es ist kühler als erwartet und es regnet ein Bisschen.

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Col du Galibier

Kalt, windig, feucht. Die Auffahrt zum Galibier ist komplett anders als in den letzten Jahren. Die Verpflegung in Valloire liegt hinter uns und ich brauche etwas Zeit zu verdauen. Ich habe Thorben kurz vor Valloire eingeholt und wir fahren zusammen. Kurz vor dem harten Teil des Anstiegs ist es wieder Thorben der das Tempo anzieht. Ich muss etwas mit meinen Kräften haushalten. In den steilen Rampen treffen wir uns wieder. Der Wind treibt uns den Berg hinauf.

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In eisigen Höhen

Verpflegung am Galibier. Die ist auch bitter nötig. Vor uns liegen knapp 50 km Abfahrt, hinunter nach Bourg d'Oisans. Wir müssen durch den Tunnel, der Wind an der Passhöhe ist zu heftig. Nach einigen Metern in der Finsternis schlägt uns die volle Wucht des Bergwetters ins Gesicht. Es folgen die kältesten 30 Minuten meines Radlerlebens. In Sekunden sind wir pitschnass. Die Sicht ist schlecht und der Wind pustet uns fast von der Straße. Zitternd erreichen wir La Grave, ein kleines Dorf am mächtigen La Meije Massiv. Ich fühle meine FInger nicht mehr.

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Der letzte Akt

An der Barrage du Chambon, einer riesigen Staumauer, ist die Sonne wieder da. Innerhalb von fünf Minuten sind wir trocken und wieder warm. Es sind 30°C. Beim vorsichtigen Heruntereiern habe ich die Zeit aus den Augen verloren aber mein Gleichgewicht behalten. Thorben und ich halten an der letzten Verpflegung vor der Alpe (während Thomas, André und Sascha in La Grave Kako trinken). Ich überschlage die Daten auf meinem Computer. Es wird knapp, aber mit einer guten Leistung an der Alpe könnte es passen.

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Alpe d'Huez

Da ist er wieder, dieser Anstieg den ich schonmal als Kackberg bezeichnet habe. Die Vorbereitung scheint sich aber ausgezahlt zu haben. Es fühlt sich dieses Mal besser an. Meine Zielzeit im Kopf lasse ich die Beine fliegen. Durch die Reparaturpause sind wir schon lange im hinteren Teil des Feldes unterwegs. Wir fahren schneller als die meisten anderen. Ich kenne jede Kurve und jede Welle, gehe an den gleichen Stellen wie immer aus dem Sattel. Nach Kurve fünf sehe ich das Dorf. Die letzten Meter liegen vor mir.

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Das Ziel

Im Gegensatz zur TdF Ankunft ist das Ziel des Marmotte ziemlich flach. Nach der letzten Rampe hinter dem alten Dorf gehe ich aus dem Sattel. Ich rufe einem vor mir Fahrenden zu, dass ich gleich überhole. Ein Streckenposten will mich aufgrund des Kreisverkehrs vor dem Ziel abbremsen. Ich schieße durch den Kreisverkehr und gehe aus dem Sattel. Im Ziel dann Medaille einsammeln, andere Fahrer beglückwünschen, Zeit checken. 7:59:06h. Punktlandung.

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Nachlese

Letztes Jahr waren wir geschlossener unterwegs. Die Ereignisse des Tages haben uns ganz schön zugesetzt. Kurz nachdem auch Sascha, André und Thomas im Ziel sind schreibt Michi: "Bin kurz vor Bourg d'Oisans." Nanu, der Besenwagen so früh. Kurze Zeit später kommt Michi auf dem Rad (sic!) im Ziel an. Ein paar Ideen, Verbände und Klebeband haben ihn zurück ins Rennen gebracht. Bis zum nächsten Jahr!

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Das Marmotte FAQ

Sollte ich das auch machen?
Unbedingt. Wenn du Berge magst und dich auf langen Touren sicher fühlst gehört das Marmotte Granfondo Alpes zu den besten Veranstaltungen, die man sich wünschen kann. Die Strecke atmet den Geist der Tour und das Wetter ist (fast) immer gut.

Wirklich alles perfekt?
Natürlich nicht. Die Straßen sind nur teilweise gesperrt. Die Verpflegung ist sehr wechselhaft an den verschiedenen Stationen und die Franzosen sind manchmal recht spontan mit Strecken oder Terminänderungen. In diesem Jahr zum Beispiel wurde das Marmotte aufgrund der Wahlen in Frankreich um einen Tag nach vorn gezogen.

Was hast du gegessen und getrunken?
Ich hatte mein eigenes Isopulver für insgesamt 4 Liter Flüssigkeit dabei, das sind ca. 400g Kohlenhydrate. Abgesehen von ein paar Bechern Cola hat das aufgrund der mäßigen Temperaturen in diesem Jahr auch gereicht. Zusätzlich hatte ich zwei Riegel für die Startaufstellung und den ersten Anstieg. Von den Verpflegungsstationen habe ich ca. 5 Riegel, 2 Gels und ein Baguette gegessen.

Was ist die größte Herausforderung?
Das Pacing im Maurienne-Tal und am Galibier. Im Maurienne Tal verleiten die Gruppen und das verhältnismäßig flache Gelände zum zu schnell Fahren. Télégraphe und Galibier haben zusammen fast 2000 Höhenmeter. Und auf über 2500m Höhe wird dann nach 5 Stunden Belastung auch mal die Luft knapp. Hier hilft es, gut akklimatisiert zu sein und seinen Körper etwas zu kennen.

Fährst du nochmal hin?
Ja

Wann und wo kann man sich anmelden?
Meistens, nachdem die Termine und Strecken für die Tour de France stehen. Also Ende Oktober/Anfang November. Das letzte Juni Wochenende ist aber immer ein guter Kandidat für den Termin.

Gibt es noch was zu beachten?
Noch mehr als bei anderen Veranstaltungen achte ich hier darauf, dass das Material in Schuss ist. Ein paar Teile der Strecke verzeihen nicht all zu viele Fehler und die Materialwagen sind im Feld nicht besonders dicht gesäht. Einmal im Maurienne Tal gibt es keine Abkürzung nach Hause. Vor oder zurück sind es fast 3000 Höhenmeter.