Wie es dazu kam

Irgendwie haben wir wohl Blut geleckt. Auf der Suche nach einem letzten Jedermannrennen in 2022 hatte uns Dominik schon früh in Richtung des Münsterland Giro gelenkt. Der logistische Aufwand hält sich in Grenzen, fünf Leute zusammen. Also Anmelden. 125 Kilometer, brettflach. Alles was die Vorfreude etwas dämpfen konnte waren die vielen Warnungen vor Stürzen…

Vor dem Start

Zur Strecke gibt es heute nicht viel zu erzählen. Auto ins Parkhaus, Sightseeing auf dem Weg zum Bahnhof und dann ab in die Startaufstellung. Es sind 15 Grad und Sonnenschein. Wir sind leider nur zur dritt wegen Corona und Fußball(!), aber nicht minder aufgeregt. Gehen wir die Sache mal ganz locker an.

Der Start

Das Feld setzt sich in Bewegung, ganz locker rollen wir vor. Um dann in einer Explosion aus Laktat in kalten Oberschenkeln eine Eisenbahnbrücke zu überqueren. Die ersten verlieren auf diesen ersten 1000m bei gut 50 km/h das Feld aus ihrer Reichweite. Wir bleiben dran und scherzen darüber eine frühe Attacke zu setzen. 10 Kilometer weiter – der Tacho zeigt 45km/h Durschschnitt an – rollen wir am ersten Massensturz vorbei. Für einige Fahrer aus der ersten Gruppe ist hier das Rennen vorbei. Der Respekt bleibt erhalten.

Führungsarbeit

Die Warnungen schallen noch bis heute in meinen Ohren. "Das Rennen ist zu flach. Da hast du nur Lutscher." Und in der Tat verwundert es ein Bisschen, wie viele Menschen einen Reiz darin zu erkennen scheinen mit 40km/h eng an eng mit fremden Menschen durch die Gegend zu brettern ohne auch nur ein einziges Mal den Wind in die Nase zu halten.

Diese Arbeitsverweigerung geht so weit, dass sich einige Kollegen im Windschatten nach vorne regelrecht drängeln, nur um dann 3-10 Positionen vor der Spitze ihr Tempo zu verschleppen. Anständiges Durchfahren ist selten zu erkennen. Wir schaffen es trotzdem bis nach vorne. Versuchen so gut es geht Tempo zu machen und unseren Teil zu leisten. Das Tempo bleibt hoch. Die Fotos zeigen später: Schöner Ausblick.

Das Sumpfland

Ich kenne die Umgebung durch die wir fahren erst seitdem ich die Impressionsbilder gesehen habe. Im letzten Drittel des Rennens geht es über enge Feldstraßen mit vielen Ecken. Beschleunigen, bremsen, sich nicht aus der Kurve schießen lassen, sprinten und Anschluss halten. Nach gefühlt 25 Intervallen im tiefroten Bereich kommen wir zurück auf breitere Straßen. Der Kampf um die vorderen Positionen geht los.

Das Ziel

Und endet für viele Fahrer neben mir abrupt mit einem unsanftem Test des Bremsverhaltens von Lycra auf Asphalt. Der zweite Massensturz. Diesmal in meiner Gruppe. Ich selbst komme einen knappen Meter daran vorbei. Das "Rennen" ist an dieser Stelle auch für mich vorbei. In überschwänglicher Freude über meine intakt gebliebene Ausrüstung rollen wir der Gruppe hinterher. Die vielen Besucher die schon an der Strecke stehen machen die Zieldurchfahrt noch einmal zu einem Erlebnis.

Geschafft

Im Nachhinein ist es nicht ganz einfach zu sagen, worin die Herausforderung an diessem Tag bestand. Man hätte die gleiche Strecke in der gleichen Zeit mit 100 Watt mehr oder mit 50 Watt weniger bestreiten können. Auf Position zu fahren hat mindestens das Material, wenn nicht sogar die Gesundheit gefährdet. Beim Fahren in der Gruppe ist bei dieser Nervosität den ganzen Tag lang höchste Konzentration gefordert. Auf den Abfahrten von Galibier und Croix de Fer habe ich mich sicherer gefühlt.